Lande- und Startentgelte

Auszug aus der Entgeltordnung nach § 19b LuftVG des Flughafens Köln/Bonn vom 12.05.2020 freigegeben durch das Ministerium für Verkehr NRW

Die Luftfahrzeughalter haben für jede Landung und jeden Start ihrer Luftfahrzeuge auf dem Flughafen Köln/Bonn ein Entgelt (Lande- bzw. Startentgelt) an den Flughafen zu entrichten.

Das fixe Lande- und Startentgelt bemisst sich nach dem verzeichneten Abfluggewicht (MTOM) des Luftfahrzeuges. Erfolgt die Landung oder der Start in der Zeit zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr, so werden unabhängig vom tatsächlichen Höchstabfluggewicht 12 to als Berechnungsuntergrenze zugrunde gelegt. Reine Frachtmaschinen erhalten an den Tagen Montag bis Freitag, falls der Start und die Landung zwischen 6:00 Uhr und 22:00 Uhr stattfinden, eine Reduktion von 25% auf den Tagespreis des fixen Lande- und Startentgeltes.

Es besteht ein Fördermodell, welches auf Tagesflüge (6:00 – 22:00 Uhr) eine Wachstumsförderung sowie eine Volumen-Förderung gewährt.

Zusätzlich sind zu entrichten:

  • ein Emissionsentgelt je Landung
  • ein Lärmentgelt je Start und je Landung, unterschieden nach Tag/Nacht (Lärmklasse 1 – 11)
  • ein variables Landeentgelt, je nach Anzahl der Fluggäste

Der BV flsr hält die Lärmentgelte für viel zu gering als dass sie eine lenkende Wirkung entfalten könnten.

Unterstellt man, dass ein Frachtflieger locker 50 to Fracht i.M. tranportiert, so entspricht das Entgelt pro Paket (1Kg Gewicht) weniger als 1 Cent !!!

Dies ist ein Skandal, auf unser aller Rücken!

Überlegungen zur wirtschaftlichen Bedeutung des Flughafens Köln Bonn

von Josef Röhrig

Zwischen den internationalen Großflughäfen Düsseldorf und Frankfurt gelegen, fristete Köln/Bonn lange ein Dasein als Provinzflughafen.

Das hat sich geändert. Was die finanziellen Verluste angeht, zählt der Flughafen KölnBonn zwischenzeitlich zu den Großen, woran auch das Geschäftsmodell mit dem europaweit bedeutendsten Nachtflugaufkommen wenig ändert.

„Flughafen Köln/Bonn erwartet 20-Millionen-Minus für 2019“ überschreibt Airliners am 15.10.2019 einen Artikel zur wirtschaftlichen Lage des zu 100% in öffentlicher Hand befindlichen Unternehmens. 

In seiner Ausgabe vom 16.09.2020 berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger gar von neuen Höchstmarken. Die Flughafengesellschaft beantragt eine Eigenkapitalerhöhung aus öffentlichen Mitteln von 75 Mio. Euro und eine 80%ige Ausfallbürgschaft des Landes NRW für einen Bankkredit in Höhe von 100 Mio. Euro.

Es sind nicht die ersten großen Verluste der Flughafengesellschaft KölnBonn und es werden auch nicht die letzten sein, die vom Bund, dem Land NRW, den Städten Köln und Bonn und weiteren Anrainerkommunen aus Steuermitteln auszugleichen sind.

Die aktuelle Corona-Epidemie wirkt hier nur wie ein Brandbeschleuniger.

Eine Branche, die regelmäßig Verluste verursacht und so viele Lebensverhältnisse beeinträchtigt, steht unter stetigem Rechtfertigungsdruck. Immer wieder wird daher auf Wohlstands- und Arbeitsplatz-Effekte des Luftverkehrs verwiesen.

Aber welche Bedeutung hat der Luftverkehr tatsächlich für eine Region?

Untersuchungen, die sich hiermit beschäftigen, erfassen zunächst die unmittelbar im Luftverkehr Beschäftigten und zwar in funktioneller Hinsicht bei den Airlines, der Flughafengesellschaft, der Flugsicherung etc. und in räumlicher Hinsicht alle auf dem Gelände der Flughafengesellschaft Tätigen.

Dann werden die indirekt Beschäftigten in Unternehmen, die Vorleistungen für den Luftverkehr erbringen und schließlich die induziert Beschäftigten in Unternehmen geschätzt, bei denen die ersteren konsumieren.

So weit so gut.

Da aber nur die Anzahl der direkt Beschäftigten bekannt ist, erfolgt die Ermittlung der anderen Größen mittels Multiplikatoren, die je nach Interessenlage unterschiedlich hoch angesetzt werden.

Seriöse Untersuchungen berücksichtigen zusätzlich gesamtwirtschaftliche und regionale Struktureffekte. Werden tatsächlich Arbeitsplätze geschaffen oder nur verlagert, was zum Beispiel bei Vollbeschäftigung der Fall ist. Es spielt eine Rolle, welche Qualität die neuen Arbeitsplätze aufweisen, und es ist zu prüfen, ob mit einer Umlenkung von Arbeitsplätzen auf den Luftverkehr unter dem Strich positive oder gar negative Ungleichgewichte in der Region verbunden sind. So kann schon der äußerst intensive Flächenverbrauch eines Flughafens alternative Entwicklungen in der Region vollständig verhindern oder behindern.

Es bedarf schon umfassender Untersuchungen aller Wirkungszusammenhänge, und es ist fraglich, ob es unter dem Strich tatsächlich zu positiven wirtschaftlichen Effekten kommt.

Dem gegenüber fällt auf, dass in den von Flughafenbetreibern in beauftragten Gutachten stets von Arbeitslosigkeit ausgegangen wird und die induziert Beschäftigten mit geradezu fantastischen Multiplikatoren hochgerechnet werden.

Nach Prof. Dr. Friedrich Thießen, der schon seit vielen Jahren zum Thema Luftverkehr forscht, sind die von Flughafengesellschaften und Lobbyorganisationen genannten Beschäftigtenzahlen nicht seriös. Es gibt keine einheitliche Methodik zur Abgrenzung von anderen Branchen, was offenbar dazu genutzt wird, immer mehr Beschäftigte aus dem Non-Aviation-Bereich einzubeziehen, die teils nur wenig mit dem Luftverkehr zu tun haben.

So weist das Statistische Bundesamt 2018 für die deutsche Luftverkehrsbranche 60.000 direkt Beschäftigte aus (entspricht einem Anteil von nur 0,18% aller Sozialversicherungspflichtigen), was den Branchenverband BDL aber nicht daran hindert, mit mehr als 800.000 gesicherten Arbeitsplätzen in Deutschland zu argumentieren.

Die geringe Qualität der mit dem reinen Beladen und Entladen von Frachtmaschinen verbundenen Arbeitsplätze wird dagegen ebenso ausgeblendet wie die negativen strukturellen Effekte für die Region. Schließlich wird auch nicht geprüft, ob Investitionen in andere Unternehmungen der Region nicht ebenso viele oder vielleicht mehr Arbeitsplätze schaffen würden.

Derart lückenhaft und tendenziös aufgezogen, fällt die Bilanz folglich stets positiv aus.

In den wenigsten Fällen kommt es dazu, dass ein Gutachten wie das für den Ausbau des Frankfurter Flughafens vollständig überarbeitet werden muss und schließlich keinerlei Beschäftigungseffekte mehr nachweisen kann.

Noch Schwieriger zu bewerten sind die immer wieder unterstellten positiven katalytischen Effekte, d.h. die Eigenschaft von Luftverkehrsleistungen andere Branchen positiv zu beeinflussen. Angeführt werden kostensparende kürzere Transportwege, die Ansiedlung von Großunternehmen dank schnellerer Erreichbarkeit, was wieder Arbeitsplätze schafft (oder doch nur umlenkt?) und die Förderung des lokalen Tourismus.  

Hinterfragt man diese katalytischen Effekte, stellt sich schnell heraus, dass nur 5% der Fracht, die am Drehkreuz KölnBonn beladen und entladen (gedreht) wird, aus der Region stammt oder für die Region bestimmt ist. Was den Flughafen KölnBonn angeht, können demnach positive katalytische Effekte des Frachtverkehrs getrost vernachlässigt werden.

Ähnliches gilt für die nächtlichen Passagierflüge, die über das Jahr einen Anteil um knapp 40% der gesamten Nachtflüge ausmachen. So werden Maschinen von anderen Standorten zu einem zusätzlichen nächtlichen Umlauf nach KölnBonn geschickt (am 09.08.2020 starteten 13 der insgesamt 15 Urlaubsflieger in die Türkei), das Catering für Hin- und Rückflug bereits an Bord, die Turnarround-Zeiten so kurz wie möglich bemessen, die Wartungsarbeiten werden am Heimatstandort durchgeführt. Der wirtschaftliche Nutzen solcher Flüge für die Region geht gegen Null.

Weiter ist davon auszugehen, dass Geschäftsreisen in Zeiten ständig verbesserter Telekommunikationstechniken an Bedeutung verlieren werden.

Es verbleibt der lokale Tourismus und ein nicht quantifizierbarer Imagegewinn für Standorte, die sich – ungeachtet aller Subventionen – mit einem eigenen Flughafen schmücken wollen.

Negative katalytische Effekte werden dagegen regelmäßig unterschlagen. So können Umweltverschmutzung und Fluglärm eine Abwanderung von Anwohnern und ganzen Branchen, ja einen regelrechten Strukturwandel mit Arbeitsplatzverlusten in der Region verursachen. So sind rund um den Flughafen KölnBonn ganze 400.000 Anwohner direkt vom Nachtfluglärm betroffen.

In seinem Buch „Grundzüge einer rationalen Luftverkehrspolitik‘ kommt Prof. Dr. Friedrich Thießen zu dem Fazit, dass keine einzige von Luftverkehrsunternehmen beauftragte Studie die vorgenannten Standards erfüllt (1).

Dessen ungeachtet, kommen Metastudien des Schweizerischen Forschungsinstituts Basel Economics, der OECD und des IWF zum Ergebnis, dass es in Regionen mit normaler Wirtschaftsstruktur keine signifikanten Nachweise für zusätzliche Beschäftigungs- und Wachstumseffekte gebe.

Dabei wurden die erheblichen ‚externen Kosten‘ in Form von Umweltverschmutzung und Fluglärm noch nicht einmal in die Betrachtung einbezogen.

Wenn schon Flughäfen unter Berücksichtigung aller Vor- und Nachteile nicht von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung für die Region, dafür aber chronisch defizitär sind, so trifft das auf den Flughafen KölnBonn in höchstem Maße zu.

Der Flughafen KölnBonn ist bis heute jeden Nachweis einer besonderen wirtschaftlichen Bedeutung für die Region oder eines Minimums an Profitabilität für die Gesellschafter schuldig geblieben.

Im Falle des Flughafens KölnBonn besteht die Gefahr, dass sich die aufgebaute Infrastruktur verselbstständigt, zu Lasten der ganzen Region nur noch um das eigene Wachstum kämpft und die reine wirtschaftliche Größe die politischen Entscheidungen dominiert. Schließlich ist das Unternehmen ‚too big to fail‘ oder wie man heute sagt ‚sytemrelevant‘.

Gerade in Zeiten, in denen der Gesundheit der absolute Vorrang eingeräumt wird, fordert der Bürgerverein Fluglärmschutz Rösrath e.V.

*** die Einführung eines Lärmkontingentes für den gesamten Flugbetrieb

*** ein sofortiges Verbot besonders lauter Flugzeugtypen

*** die Aufstellung von Messstellen für Ultrafeinstaub

 und in dem anstehenden Verfahren zur Verlängerung der bisher uneingeschränkten Nachtflugerlaubnis

 *** die Einführung einer nächtlichen Kernruhezeit für Frachtflüge

*** ein vollständiges Verbot nächtlicher Passagierflüge

Die Verlegung von Teilen des nächtlichen Frachtflugbetriebes auf den Tag und der Verzicht auf jeglichen nächtlichen Passagierflug werden dabei sogar ohne den Verlust von Arbeitsplätzen  möglich sein, und evtl. geringere Entgelte der Fluggesellschaften dürfen eben nicht gegen die Gesundheit der Anwohner ins Feld geführt werden!

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(1) Fachbuchreihe 30 des Verlages der Gesellschaft für Unternehmensrechnung und Controlling m.b.h. S.

Eine Übersicht zu zahlreichen weiteren Artikeln in Fachzeitschriften, zu Gutachten und Expertisen siehe 

Prof. Dr. Friedrich Thießen, Technische Universität Chemnitz Prof. für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre